Molekularküche
Begeisterte Hobbyköchinnen und -köche, Restaurantentdeckerinnen und -entdecker oder einfach Genussmenschen. Um den Begriff der Molekularküche kommt wahrscheinlich keiner komplett herum. Doch was versteckt sich dahinter? Bereits der Begriff an sich ist ein Problem, denn es gibt ihn als solchen gar nicht. Alles, was in der Küche gekocht wird, hat mit Molekülen zu tun. Spricht man im Zuge von Kochkunst und Kulinarik von molekularem, so ist in der Regel von Techniken und Produkten die Rede, die Erzeugnissen bzw. den entstehenden Gerichten neue Texturen und nie da gewesene Gaumengefühle verleihen. Das Ziel der modernen molekularen Küche ist es, die Grenzen für das Erlebte beim Essen neu zu definieren. Wobei stets der schmale Grat bewandert wird, neue Türen zu öffnen, ohne jedoch dem Grundprodukt seinen Glanz zu nehmen und in unnötige Spielerei abzuschweifen.
Es ist schwer, eine klare Grenze zu definieren, denn Texturgeber und Emulgatoren gab es schließlich bereits lange bevor man von Molekularem sprach. Meistens jedoch gebunden in Lebensmitteln und nur eher selten extrahiert in ihrer reinsten Form. So enthält Eigelb zum Beispiel den Emulgator Lecithin. Der Grund, warum Ihre Mayonnaise gelingt. Doch niemand würde hier von Molekularküche sprechen. Kauft man Lecithin jedoch in Pulverform gewonnen aus pflanzlichen Quellen, so gehört dieses sehr wohl in diese Kategorie.
Profiwissen
Wussten Sie, dass das Lecithin in einem Eigelb genügt, um unter ideal industriellen Bedingungen etwa 20 Liter Mayonnaise herzustellen? Der Vorteil der modernen molekularen Produkte ist, dass diese häufig aus Pflanzen oder Algen gewonnen werden können. Die Bandbreite und Auswahl sind riesig. Das Angebot reicht von sehr einfach anzuwendenden Produkten bis hin zu komplexen chemischen Prozessen, für die einige Versuche und eine kleine Laborausrüstung in der Küche benötigt werden.
So ist Agar-Agar wahrscheinlich jedem schon mal untergekommen. Im Einzelhandel gehört es mittlerweile zum Standardsortiment vieler Geschäft und ist ein prima Ersatz für tierische Gelatine. Auf der anderen Seite sorgen Begriffe wie Xanthan, Lecithin oder Sphären für viele Fragezeichen.
Kochen als Wissenschaft
Die ersten Überlegungen gehen bis in die späten 1960er Jahre zurück. Der Physiker Nicholas Kurti beschäftigte sich in einem Vortrag vor der Londoner Royal Society über eine Stunde mit den Auswirkungen von Physik und Chemie auf Lebensmittel. Der wohl berühmteste Satz lautete: Wieso wissen wir alles über die Temperatur im Inneren eines Sterns, aber so gut wie nichts über die Temperatur im Inneren eines Soufflés? Die Gedanken, dass richtig angewandte Wissenschaft die Kochkunst verändern und verbessern kann, waren geboren.
Als Begründer und Vorreiter der molekularen Perfektion in der Küche gilt der Spanische 3- Sterne Koch Ferran Adrià. Er war der erste, der in seiner Küche vollständig mit den bis dahin geltenden physikalischen Gesetz, aus gastronomischer Sicht, brach und sein Menü zu einem Erlebnis werden ließ. Er servierte gefrorenen Schaum, quasi Luft mit Biss und Geschmack, hantierte mit flüssigem Stickstoff, um Dinge zu gefriertrocknen, verblüffte seine Gäste mit durchsichtiger Rinderkraftbrühe aus der Zentrifuge und vielen weiteren außergewöhnlichen Techniken und kulinarischen Sensationen. Von diesem Zeitpunkt an war die Molekularküche als neues Kapitel in der Gastronomie aufgeschlagen.
Heute ist der große Hype um den Trend erloschen, dafür haben sich viele der Elemente einen festen Platz ist der modernen Profi- wie Hobbyküche ergattert. Jede einzelne mögliche Anwendung und jeden ablaufenden Prozess können wir Ihnen hier nicht erklären. Aber wir schaffen gerne einen kleinen Überblick und stellen Ihnen einige Vertreter der molekularen Küche vor.
Agar-Agar
Agar-Agar gibt es in Pulverform und wird aus den Zellwänden von Algen gewonnen. Bei einer Dosierung von 10 g pro 1 L jeder beliebigen Flüssigkeit löst es sich auf und entfaltet seine bindende Kraft ab 80 Grad. Beim Erkalten geliert es komplett. Mixt man das entstandene Gelee erhält man ein cremiges Gel, welches sich als Element in Vorspeisen und Desserts oder als Brotaufstrich genießen lässt. Der Vorteil: Es ist pflanzlich und kommt ohne (Gelier-)Zucker aus und steht dabei den Erzeugnissen in Geschmack und Konsistenz in nichts nach. Auch für vegane und vegetarische Süßspeisen wie zum Beispiel Fruchtmousse lässt sich Agar- Agar einwandfrei als Gelatineersatz verwenden.
Xanthan
Bei Xanthan handelt es sich um ein pflanzliches Verdickungsmittel, welches in der feinen Dosierung etwas geübt sein will. Es dient dazu, Soßen und Pürees anzudicken und ihnen einen geschmeidigen Glanz zu verleihen. Mixen Sie eine kleine Messerspitze Xanthan an Ihr Sellerie-, Karotten- oder Süßkartoffelpüree. Sie erhalten anschließend eine samtige Creme, frei von krisseligen Rückständen und ohne dass sich kondensierte Flüssigkeit absetzt. Das Gleiche funktioniert auch bei Salatdressing. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass, wenn Sie Essig und Öl verrühren, sich das Gemisch nach ein paar Minuten wieder trennt? Nicht mit der besagten Messerspitze Xanthan. So können Sie Ihr Lieblingsdressing bereits in Ruhe vorbereiten.
Lecithin
Eher simpler in der Anwendung ist Lecithin. Ein Emulgator welcher, sich ebenfalls für die Bindung in Suppen und Soßen einsetzen lässt. Zudem ist es mit Lecithin möglich, Luft in Flüssigkeiten einzuschließen. So können Sie mit der richtigen Rezeptur aus Fonds und Soßen einen Schaum erzeugen und diesen, anstatt der sonst gewählten flüssigen Form, servieren. Außerdem lassen sich einige Schaumstrukturen auch einfrieren und als essbare Luft präsentieren. Ein absoluter Hit beim Kochen mit Freunden.
Sphären
Eine sehr bekannte Technik in der molekularen Küche ist die Herstellung von sogenannten Sphären. Hierfür werden Flüssigkeiten in einer durchsichtigen und geschmacksneutralen Hülle eingeschlossen. Versetzt man eine flüssige Komponente mit Natriumalginat und gibt diese dann mithilfe einer Spritze in ein mit Kalzium Lactat angereichertes Wasserbad, beginnen die beiden Stoffe zu gelieren und somit die Flüssigkeit einzuschließen. Umso länger man die Sphäre im Wasserbad lässt, umso weiter schreitet der Prozess voran, bis zur vollständigen Aushärtung.
Ein kreatives Einsatzgebiet der Sphären sind Salatdressings. Ein knackig frischer Blattsalat vorberietet für die Arbeit am nächsten Tag, scheitert meist daran, dass des Dressings zu früh untergemischt wurde und der Salat matschig wird. Als Sphäre können Sie Ihr Dressing einfach zu Ihrem Salat in die Salatdose legen und in der nächsten Mittagspause ganz entspannt mit der Gabel zerstechen und Ihre knackig frische Kreation genießen.
NO2
Die Arbeit mit NO2 klingt schwierig, ist es aber nicht. Es handelt sich um Gaskapseln, mit denen man ursprünglich Sahnespender befüllt hat, um diese im Handumdrehen steif zu bekommen. Im Zuge der kulinarischen Modernisierung gewannen die Gerätschaften ebenfalls immer mehr Beliebtheit und die Resultate sind ein fester Bestandteil der allermeisten Speisekarten geworden. Die Rede ist von Espuma. Süß oder deftig aromatisierte Fonds auf Sahne- bzw. Joghurtbasis oder köstlich cremige Pürees. Die Möglichkeiten sind endlos und die Ergebnisse stets luftig, fluffig und ein echter Hingucker in ihrem Menü.
Zutaten für die Molekularküche
Die Welt rund um die molekulare Küche ist vielfältig. Mit der großen Auswahl an technischer Ausrüstung und Geräten eröffnen sich viele neue Möglichkeiten in der Küche. Die wichtigsten Zutaten rund um das Thema Molekularküche finden Sie natürlich in Ihrem FrischeParadies.